Reykjavík – die kleinste Metropole und nördlichste Hauptstadt der Welt.
Älgbert Elgson
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Die nördlichste Hauptstadt der Welt liegt in Island und ist nur 269 Kilometer vom Polarkreis entfernt. Die Stadt ist die älteste permanente Siedlung des Landes, doch obwohl die ersten Siedler bereits im Jahre 870 n. Chr. das Land bevölkerten, wuchs das Gebiet nur sehr langsam und wurde erst 1786 offiziell zur Stadt erhoben. Heute leben etwa 136.000 Menschen in Reykjavik und in der Metropolregion gar über 200.000. Dies entspricht in etwa Zweidrittel der isländischen Bevölkerung.
Alle Informationen und aktuelle Veranstaltungen können unter anderem auf der Homepage von VisitReykjavik nachgelesen werden.
Auf den Spuren der Geschichte
Als sich die ersten Siedler 870 in Island niederließen, nannten sie den Ort Reykjavik. Der Name heißt übersetzt „Rauchbucht“ und ist auf die Dämpfe der heißen Quellen in der Umgebung zurückzuführen.
Im Laufe der Zeit wurden weitere verstreute Farmen bei Laugarnes gebaut und 1226 gründeten Augustinermönche ein Kloster auf der Insel Viðey. Erst im 18.Jahrhundert begann sich das Ortsbild und- entwicklung zu verändern. Waren bis zu diesem Zeitpunkt nur mehrere Höfe unterschiedlicher Größe in der Gegend verstreut, bildete sich nach der Etablierung einer Wollindustrie allmählich ein Ortskern und Reykjavik nahm ein dörfliches Aussehen an. Die Dómkirkja wurde 1796 geweiht und war das erste Gebäude, das speziell mit der Absicht gebaut wurde, Reykjavík zur Hauptstadt des Landes zu machen. Zur Zeit der Einweihung fanden alle Bewohner Platz in dem eigentlich eher kleinen Bauwerk.
Im 19. Jahrhundert bildeten sich in der Stadt dichte Ansammlungen kleiner Häuser oder Fischerhütten. Das isländische Parlament Alþingi wurde 1845 in Reykjavík wieder aufgebaut. Zur Jahrhundertwende wurden zahlreiche Schulen, von Grundschulen bis Universitäten, gebaut und festigten so die Stellung Reykjaviks als Hauptstadt Islands. Die Stadt gilt heute als wirtschaftliches, politisches und kulturelles Zentrum des Landes.
Wer mehr über die Geschichte Islands erfahren möchte, sollte unbedingt dem Nationalmuseum und The Settlement Exhibition einen Besuch abstatten.
Praktische Informationen
Die Hauptstadtregion ist im Vergleich zum Rest des Landes so dicht besiedelt, weil sie das kulturelle, wirtschaftliche und politische Zentrum Islands ist. Außerdem passiert fast jeder Tourist, der das Land besucht, Reykjavík oder bleibt über Nacht. Die meisten Besucher wählen das Flugzeug um nach Island zu gelangen. Der Flughafen befindet sich nur wenige Kilometer außerhalb der Stadt, daher nutzen viele Touristen Reykjavik als Ausgangspunkt für ihre Erkundungstouren. Daher gibt es zahlreiche Restaurants, Museen, Musikveranstaltungen, historische Stätten, Spas, Schwimmbäder und Unterkünfte. Für eine so „kleine“ Stadt gibt es eine große Vielfalt an Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten für Menschen jeden Alters.
Hallgrímskirkja
Die Hallgrímskirkja ist das größte Kirchengebäude Islands und das zweithöchste Gebäude des Landes nach dem Smáratorg-Turm, einem Bürogebäude. Sie ist nach dem Geistlichen Hallgrímur Pétursson aus dem 17. Jahrhundert benannt und wurde auf einem prominenten Hügel in der Stadt platziert um ihren 74,5 Meter hohen Turm noch größer erscheinen zu lassen und das Stadtbild Reykjavíks zu prägen. Die Planungsarbeiten begannen 1929, doch der Bau wurde erst 1945 begonnen und dauerte bis 1986. Somit ist die Kirche ein relativ junges Gebäude. Dies spiegelt sich auch in der Architektur wider. Die moderne Betonbauweise beeinflusste die Entwürfe des Architekten. Das äußere Erscheinungsbild mit den vielen Betonpfeilern ähnelt den in Island häufig anzutreffenden Basaltsäulen und die grauweiße Farbe soll an Gletscher erinnern.
Der ursprüngliche Entwurf sah ebenfalls vor den hohen Turm als Sendemasten mitzubenutzen. Daher wurde von Anfang an ein Aufzug miteingeplant um Wartungsarbeiten zu erleichtern. Heute kann dieser benutzt werden um die unmittelbar unter dem Glockenstuhl befindliche Aussichtsplattform mit weitem Blick über Reykjavík uns sein Umland zu besuchen.
Hallgrímskirkja ist einer der meistbesuchten Orte von Touristen in Island. Jeden Tag besuchen Tausende von Menschen die Kirche. Der Eintritt in die Kirche ist frei. Der Eintritt in den Turm kostet ISK 1000 – ISK 100 für Kinder (7-16). Da die Hallgrímskirkja eine aktive Kirche ist, kann die Kirche und Turm aufgrund von Messen, kirchlichen Veranstaltungen und Konzerten ohne Vorankündigung geschlossen werden. Nähere Informationen können der offiziellen Homepage entnommen werden.
Laugardalur
Der Laugardalurpark ist zweifellos das beliebteste Naherholungsgebiet von Reykjavik. Er ist besonders für Outdoor-Aktivitäten geeignet, sehr grün und üppig mit gut organisierten Wander- und Radwegen durchzogen. Es ist auch das sportliche Zentrum Reykjaviks, da sich hier neben dem Laugardalsvöllur Stadium, in dem zum Beispiel die internationalen Fußballspiele stattfinden, auch ein Freibad, Laugardalshöll Arena mit integriertem Fitnesscenter, sowie eine Eishalle befindet.
Der Name Laugardalur bedeuted „Tal der Teiche“. Diese „Teiche“ waren heiße Becken im Norden von Laugardalur bei Laugamýri. Dienstmädchen und Hausfrauen nutzten die Becken bis ins 20. Jahrhundert zum Waschen der Wäsche. Die Pools wurden 1930 mit der Eröffnung von Laugarveita Utilities außer Betrieb gesetzt und Reykjavík begann, die Energie der nahen heißen Quellen zu nutzen um Fernwärme anzubieten. Die Becken sind heute trocken, aber ihre Spuren sind erhalten geblieben und Informationstafeln über ihre Geschichte wurden vor Ort angebracht. Der Botanische Garten Reykjaviks liegt im Herzen des Gebietes. Dieser wurde im Jahr 1961 gegründet, als die Stadt Reykjavík 200 isländische Pflanzen geschenkt bekam und im City Cultivation Center in Laugardalur gepflanzt wurden. Der Botanische Garten wurde schrittweise erweitert, zunächst langsam bis 1990, als das Baummuseum eröffnet wurde, und erneut im Jahr 2011, als der Botanische Garten um 2,4 Hektar erweitert wurde. Heute umfasst der Botanische Garten etwa 5,5 Hektar. Reykjaviks Zoo wurde 1990 eröffnet und beherbergt alle isländischen Haustiere und die wichtigsten wilden Landsäugetiere wie Füchse, Rentiere und Robben. Der Family Park wurde am 24. Juni 1993 eröffnet. Er verfügt über eine Vielzahl von Spielgeräten sowie Outdoor- und Freizeiteinrichtungen für die Familie. Die Gestaltung des Parks nimmt Bezug auf die nordische Mythologie und die Wikingerzeit.
In diesem grünen Stadtteil befindet sich auch das 1909 errichtete und 1958 in Besitz der Stadt gekommene Haus Höfði. Viele bekannte Persönlichkeiten wie beispielsweise der Dichter Einar Benediktsson oder die Malerin Louisa Matthíasdóttir bewohnten dieses und auch die britische Botschaft war dort einige Zeit einquartiert. Nachdem das Haus in den Besitz der Stadt Reykjavik kam, wurde es renoviert und dient seither als Gästehaus für offizielle Empfänge. International bekannt wurde das Haus durch die dort abgehaltenen ersten Abrüstungsverhandlungen zwischen dem Generalsekretär der Sowjetunion Michael Gorbatschow und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten Ronald Reagan im Jahr 1986. Das Ende des Kalten Krieges begann somit in diesem markanten weißen Gebäude vor den Bergen Reykjaviks.
Harpa
Das Konzert- und Konferenzhaus Reykjavíks wurde 2011 eröffnet. Das anfangs wegen seiner Architektur und Lage unbeliebte Gebäude steigt seit Jahren in der Gunst der Einwohner und Touristen. Die hohen Baukosten und die Lage am alten Hafen verstimmten die Isländer, doch nach der Wirtschaftskrise entwickelte sich das Gebäude zum Symbol für die Zukunft des Landes.
Das 43 Meter hohe Gebäude besteht aus zwei leicht versetzten quaderförmigen Teilen mit schrägen Kanten. Die Glasfasade mit ihrer wabenartigen Struktur reflektiert das Licht in unterschiedlichen Farben. An Reykjavíks Konzerthaus kam das Spezialglas in den Varianten gelb, orange und grün zum Einsatz. Diese Farben sind in der direkten Durchsicht zu sehen, in der Reflexion erscheinen die jeweiligen Komplementärfarben.
Die wechselnden täglichen Vorstellungen zur Mittagszeit, viele davon auf Englisch, ziehen immer viele Menschen an.
Auf der offiziellen Homepage kann das aktuelle Programm eingesehen werden.
Perlan
Perlan befindet sich auf einem Berg über Reykjavík umgeben von den bezaubernden Wäldern des Öskjuhlíð-Hügels. Es beherbergt eine moderne Naturausstellung, eine echte Indoor-Eishöhle, ein 4K-Planetarium, eine 360°-Aussichtsplattform mit tollem Blick auf die isländische Hauptstadt und mehr. Perlans Naturausstellung erweckt die Wunder Islands zum Leben. Die Kräfte der Vulkane und Islands geologische Geschichte werden mithilfe von Filmen und Bildern zum Leben erweckt. Man begibt sich auf eine virtuelle Reise in einer realistischen Nachbildung von den atemberaubenden Landschaften Islands. In einer 100 Meter langen künstlichen Eishöhle kann man in ein magisches Gletschererlebnis eintauchen.
Áróra ist Perlans preisgekrönte Planetariumsshow, bei der die Nordlichter in einem kinoartigen Saal um die Besucher herumtanzen.
Die Aussichtsplattform bietet einen wunderbaren Ausblick auf Reykjavik und dessen Umland. Das sich dort befindliche Café bietet kleine Snacks an um das Panorama noch zu versüßen. Weitere Informationen können der offiziellen Webseite entnommen werden.
FlyOver Iceland
Die relativ neue Attraktion in Reykjavík befindet sich im alten Hafen gegenüber der Konzerthalle Harpa. Das neue Gebäude ist gefüllt mit modernster Technik um die Besucher auf eine atemberaubende Reise durch Island mitzunehmen. Vor einer 20 Meter hohen kugelförmigen Leinwand wird ein aufwendig gedrehter Film gezeigt in der man sich fühlt als würde man wie ein Vogel über die einmalige Landschaft gleiten. Spezialeffekte wie Wind, Nebel und Gerüche lassen die Besucher in Verbindung mit der Bewegung der Fahrt in ein unvergessliches Erlebnis eintauchen.
Nähere Informationen können der offiziellen Webseite entnommen werden.
Der alte Hafen
Der alte Hafen ist das Herz von Reykjavík und der Grund für die Entstehung der Stadt. Ausgangspunkt der Stadtentwicklung war der Hafenbereich und wurde im frühen 20. Jahrhundert zu einem der Zentren der isländischen Schleppnetzfischerei. In den letzten Jahren veränderte sich das Aussehen grundlegend. Es ist zwar immer noch einer der wichtigsten Häfen Islands, aber in den letzten Jahren haben Tourismus und Walbeobachtung allmählich die Fischereifahrzeuge ersetzt, während Geschäfte und Restaurants in den alten Lagerhäusern eingezogen sind.
Dieses relativ kleine Gebiet bietet eine großartige Möglichkeit den Tag mit dem Besuch von Geschäften, Cafés und Museen zu verbringen, die einen Einblick in die isländische Geschichte und Kultur bieten und um die Gelegenheit zu nutzen einige der besten isländischen Speisen zu probieren.
Árbær Freilichtmuseum
Etwas vom Stadtkern entfernt liegt das Freilichtmuseum Árbær. Es ist das größte Freilichtmuseum Islands und ging aus einem Bauernhof hervor, der als einziges Gebäude im Museum noch an seinem ursprünglichen Platz steht. Die anderen Gebäude wurden im Laufe der Zeit hinzugefügt und stammen aus Reykjavík und dessen Umgebung.
Árbær war bis 1948 bewohnt, als der letzte Bewohner wegzog. Jüngste archäologische Ausgrabungen weisen darauf hin, dass die Stätte im 10. Jahrhundert entweder dauerhaft oder vorübergehend besiedelt war. Das Museum wurde im Jahre 1957 eröffnet und beherbergt neben etwa 30 historischen Gebäuden auch eine der zwei einzigen Dampflokomotiven die es jemals in Island gegeben hat. Die andere Lokomotive wurde als Denkmal im alten Hafen aufgestellt. Damit dürfte Island das einzige Land der Welt sein, in dem sämtliche Dampflokomotiven, die dort je verkehrten, museal aufbewahrt werden.
Nähere Informationen, wie etwa die Öffnungszeiten oder Eintrittspreise, können der offiziellen Homepage entnommen werden. Auf dieser Seite können auch Informationen zu den Häusern nachgelesen werden.
Anreise
Die einfachste Anreise nach Reykjavík, wie auch Island im Allgemeinen, ist über den nur etwa 50 Kilometer entfernten Flughafen Keflavík. Die Hauptstadt Islands liegt auch an der Hauptstraße des Landes – der Ringstraße. Daher ist die Stadt ein sehr guter Ausgangspunkt um den Süden und Südwesten Islands zu erkunden. Über die Ringstraße gelangt man auch über die zweite sehr beliebte Einreiseroute nach Reykjavík. Der Fähranlieger aus der Fähre von Dänemark liegt genau auf der anderen Seite Islands in Seyðisfjörður.
Fazit:
Reykjavík ist definitiv eine Reise wert, vor allem mit einem entsprechenden Ausflugsprogramm. Viele Lokale laden zum Verweilen und Genießen ein und mit der Vielzahl an Museen und Sehenswürdigkeiten kann einem nur schwer langweilig werden. Auch Kunstbegeisterte werden in Reykjavik nicht enttäuscht, denn in der ganzen Stadt sind viele Skulpturen und Geschäfte mit handgemachten Kunstwerken zu finden. Doch Island hat so viel mehr zu bieten als nur ihre Hauptstadt, deshalb sollte man nicht darauf vergessen die Stadt während des Aufenthaltes zu verlassen und das Land zu erkunden.