
Gibt’s dort was zu trinken?
Älgbert Elgson
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Schon mal was vom Getränk „BYRRH“ gehört? Wir nämlich auch nicht. Deshalb sind wir sofort los um der drängenden Frage nachzugehen: Gibt’s dort was zu trinken?
Wir wurden bei der Führung jedoch schnell aufgeklärt, dass man das Getränk definitiv kennen sollte. Laut der sympathischen jungen Studentin zumindest, die uns durch die Hallen geführt hatte.
Der Getränkehersteller war der erste in Frankreich, der sich wirklich um seine Angestellten gekümmert hat, sogar noch vor der sozialistischen Regierung in Frankreich der 30er Jahre. Außerdem kann die Fabrik mit einem Superlativ aufwarten. Dort steht der weltgrößte Holzbottich zum Herstellen von Getränken mit einem Fassungsvermögen von 1.000.200 Litern. Auch das Gesamtfassungsvolumen des Lagers ist gewaltig.
Die anschließende Verkostung klärte uns auch auf, um was es sich bei „BYRRH“ überhaupt handelt. Es ist ein alkoholisches Getränk aus Wein gemischt mit Gewürzen aller Art.
Auf den Spuren der Geschichte
Die Brüder Simon und Pallade Violet aus Corsavy zogen als fahrende Händler duch die Ebenen von Roussillon und verkauften Kleidung, Stoffe und Wein. Nach einer langen Zeit des reisenden Handelns ließen sie sich in Thuir nieder und eröffneten ein Geschäft, das am 14. September 1866 ins Handelsregister eingetragen wurde. Sie fingen mit einigen kleinen Fässern an Getränke aus Wein herzustellen. Diese wurden bald gegen größere gebrauchte Fässer ausgetauscht und der Siegeszug ihrer Idee konnte beginnen. Das Getränk „BYRRH“ wurde am 10. Februar 1873 von den beiden Firmengründern als Marke registriert. Simon Violet nutzte seine guten Kenntnisse über Wein, die er sich im Laufe seiner Händlerlaufbahn angeeignet hat, um die einzigartige Rezeptur aus Roussillon Weinen, aromatisierten Pflanzenextrakten und Chinarinde zu kreieren.
In den darauffolgenden Jahren florierte das Geschäft immer mehr, sodass entschieden wurde die Keller zu vergrößern. Im Jahr 1910 hatte die Firma schon 750 Angestellte und eine jährliche Produktion von etwa 30 Millionen Litern Byrrh. Weitere Keller und Niederlassungen wurden in ganz Frankreich gegründet.
Praktische Informationen
Das alte und architektonisch wirklich gelungene Industriegebäude liegt mitten im Ort von Thuir. Der Eingang befindet sich direkt im Eckgebäude mit der Touristeninformation und dem Souveniershop. Der Eintrittspreis für Erwachsene beträgt 5,00 € und für Kinder unter 12 Jahren 2,50 € (Stand 2019). Für die genauen Preise und Öffnungszeiten sieh bitte auf der offiziellen Website nach.
Bei Bedarf werden auch Audioguides ausgegeben. Die Führer, meist Studenten, sind aber fast alle mehrsprachig, sodass man auch eine Führung in Englisch oder manchmal in Deutsch mitmachen kann.
Die Führung startet mit einer Filmvorführung über die Geschichte der Gründerfamile, sowie des Getränkes und der Firma „BYRRH“. Der Film wird in einem Betonbehälter gezeigt, der 6800 Hektoliter Wein enthalten kann, und liefert die Schlüsselelemente einer erstaunlichen Geschichte. In einer Reproduktion eines Lagerraums aus dem frühen 20. Jahrhundert entdeckt man eine Reihe von Objekten, die bei der Herstellung aromatisierter Weine verwendet wurden, wie Weinpressen, Korkmaschinen oder alte Abfüllanlagen. Im Nebengebäude, wo 70 Eichenfässer wie Säulen in einer Kathedrale aufragen, entdeckt und riecht man an den Inhaltsstoffen des Getränks: Kaffee, Zimt, Kakao und Bitterorangenschalen. Die Gesamtkapazität der Fässer in dieser Halle beträgt über 15 Millionen Liter: der größte Keller der Welt!
Etwas weiter steht der größte und beeindruckendste Eichenbottich der Welt. Der Bau dauerte fünfzehn Jahre und der fertige Bottich wurde erstmals 1951 gefüllt und fasst bis zu 1.000.200 Liter. In den goldenen Jahren lag die Jahresproduktion von Byrrh bei über 30 Millionen Litern und es wurden 350.000 Kunden, Groß- und Einzelhändler weltweit beliefert.
Am Ende der Führung bekommt jeder mehrere Kostproben des Getränks aus einem Verkostungskiosk aus dem Jahre 1891 serviert. Dieser Kiosk wurde auf allen Weltausstellungen von Paris bis Moskau verwendet um die Bekanntheit von Byrrh zu steigern.
Anreise
Der kleine Ort Thuir liegt etwa 15 Kilometer von Perpignan entfernt. Die Fabrik des Getränkeherstellers liegt mitten im Ort, hat aber in unmittelbarer Nähe einen gratis Besucherparkplatz. Von dort sind es nur wenige Schritte bis zum Eingang. Ein eigener Wohnmobilparkplatz befindet sich ebenfalls gleich daneben.
Fazit:
Wir kannten weder das Getränk, noch die Geschichte dahinter. Der ganze Ausflug war von uns eigentlich nicht geplant und eher spontan. Im Nachhinein hätten wir es definitiv bereut „Caves Byrrh“ nicht besucht zu haben, ist es doch ein regionales Zeugnis der Geschichte und ein gewisser Teil der Kultur der Menschen. Außerdem haben wir ein neues Getränk kennengelernt, das mit seinem lieblich-süß-herben Geschmack auch noch unserem Gaumen sehr zugesagt hat.
Wer ohnehin schon in der Nähe von Perpignan ist, sollte also einen Abstecher nach Thuir machen und auch einmal von diesem Getränk kosten.
