
Ein ruhiger Ort um eine Zeit zu verweilen und in sich zu gehen.
Älgbert Elgson
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Die in Österreich liegende Region Wachau ist bekannt für die vielen imposanten Bauwerke des Mittelalters und ziehen jährlich tausende Besucher an. Die Kirchenruine der Burgkapelle Gossam jedoch liegt leicht versteckt im Felbringtal in der Gemeinde Emmersdorf an der Donau. Die Burg wurde bereits im 11.Jahrhundert urkundlich erwähnt, wurde jedoch schon bald nicht mehr bewohnt und dem Verfall überlassen. Der damalige Besitzer nutzte die Kleinburg nur unregelmäßig als Schlafstätte und hatte ansonsten nur wenig Interesse daran. Durch eine Schenkung kam die Burg mit ihrer Kapelle in den Besitz der Kirche in Emmersdorf. Diese baute das kleine Gotteshaus im 15.Jahrhundert aus und fügte einen Kirchturm hinzu, um dem anwachsenden Pilgerstrom gerecht zu werden. Die Burg jedoch wurde nicht ausreichend instand gehalten, sodass heute nur mehr wenig von ihr ersichtlich ist. Hinzu kam, dass die Burganlage über viele Jahre lang als „Steinbruch“ gedient hatte. Bei Grabungen wurden die Gebeine von etwa 30 sogenannten Traufkindern entlang der Kirchenmauer gefunden. Diese unehelichen oder ungetauften Kinder, die kurz vor oder nach der Geburt verstorben waren, durften nicht auf einem Friedhof begraben werden. Man bestattete sie deshalb entlang der Kirchenmauer, damit das vom Dach herab laufende Regenwasser sie gleichsam taufte und ihnen so ein Einlass in den Himmel bescherte. In den Jahren 1988 bis 1994 wurden an der Anlage umfangreiche archäologische und bauhistorische Untersuchungen durchgeführt und Schritte eingeleitet, um einen weiteren Verfall der freigelegten Mauern zu stoppen und um diese gefahrlos besichtigen zu können. Die bedeutenden romanischen Fresken wurden abgenommen und sind heute im Museum der Stadt Krems zu besichtigen.
Auf den Spuren der Geschichte
Die Burg Gossisheim wurde von einer adeligen Familie Anfang des 12. Jahrhunderts errichtet – Teil dieser Kleinburg war eine Burgkapelle im Zentrum der Anlage. Zuvor dürfte es bereits im 10. Jhdt. an dieser Stelle einen festungsähnlichen Bau gegeben haben, der eine wichtige Handelsroute Richtung Norden ins heutige Waldviertel sichern sollte. Mit dem Bau einer Ringmauer und einer Kapelle um 1100 bekam die Anlage erst das charakteristische Aussehen einer Burg.
Burg und Kapelle hatten aber schon bei Baubeginn nur eine geringe Bedeutung für die Besitzer und sie nutzten sie wahrscheinlich nur als Schlafort bei der Durchreise. Der spätere Besitzer hatte noch weniger Interesse an dem Gebäude und schenkte es der Kirche in Emmersdorf. Diese baute die Kirche im 14. und 15. Jahrhundert aus und fügte einen Kirchturm hinzu. Das Baumaterial wurde hierfür teilweise von der nicht mehr benötigten Burg verwendet. Dies und der Umstand, dass die Burg nicht instand gehalten wurde, ist mitunter ein Grund warum heute nur mehr wenig von der einstigen Anlage sichtbar ist.
Bei Ausgrabungen wurden die Überreste von über dreißig sogenannten Traufkindern gefunden. Diese unehelichen oder ungetauften Kinder, die kurz vor oder nach der Geburt verstorben waren, durften auf keinem Friedhof begraben werden. Die Menschen hofften, dass aufgrund des vom Dach der Kirche herabfallenden Regenwassers den verstorbenen Kindern der Zugang zum Himmelreich gewährt werden würde.
Waren vor der Ausgrabung ausschließlich die Ruinen der Burgkapelle und späteren Wallfahrerkirche St. Pankratius zu sehen, kamen nach und nach die Mauerreste einer relativ frühen, komplexeren Burganlage zum Vorschein. Die in großen Teilen nur im Fundamentbereich erhalten gebliebenen Mauerzüge wurden nach der Freilegung ergänzend aufgebaut und so vor weiterem Verfall geschützt.
Im ehemaligen Altar wurde ein römischer Grabstein vermauert. Dies lässt vermuten, dass sich hier entweder ein antikes Heiligtum oder ein Wachposten der Römer befand. Der Grabstein ist heute im Stift Melk ausgestellt. Es wird ebenfalls vermutet, dass die Burgkirche einst mit Fresken reich ausgestattet gewesen sein dürfte. Die wenigen verbliebenen Reste dieser romanischen Fresken wurden im Jahre 1961 fachmännisch abgenommen und in das Museum der Stadt Krems übertragen.
Die Untersuchung dauerte von 1988 bis 1994 an und mit den gewonnenen Erkentnissen gehört die Burg von Gossam heute zu den wenigen großflächig wissenschaftlich untersuchten Burganlagen Österreichs.
Praktische Informationen
Heute ist die Burgkirche Gossam über den sogenannten Eselsteig mit einem Wandernetz verbunden und wurde so einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.
Die Ruine selbst kann auf eigene Gefahr besichtigt werden.
Es besteht die Möglichkeit mit dem Fahrzeug bis zum Fuße des Burghügels zu fahren.
Anreise
Die Burgruine liegt etwas abseits von den bekannten Touristenrouten und dennoch nicht komplett abgelegen. Vom Stift Melk sind es nur knap 6,5 Kilometer.
Wer mit dem Auto anreisen möchte muss nur auf der Bundesstraße B3 in Schallemmersdorf nach Gossam abbiegen. Die Straße zur Burg ist relativ schmal. Dies stellt kein Problem für PKWs dar, jedoch könnten größere Wohnmobile hier Probleme bekommen. Von Schallemmersdorf sind es zu Fuß nur knapp zwei Kilometer mit leichter Steigung.
Dort befindet sich auch die Bushaltestelle der Busse aus Melk und Krems (Bus 715 und 719).
Fazit:
Die kleine Burganlage steht im Schatten des nur unweit entfernten Stift Melk. Nur wenige Touristen „verirren“ sich an diesen Ort, doch dies macht es umso reizvoller für Wanderer, Fotografen und all jene, die nicht nur die typischen Touristenziele erkunden wollen.
